Das Leben geht weiter

Mein erstes Quartal war nicht nur geschäftlich äußerst knackig. Auch privat war es sehr vereinnahmend – und beide Teile miteinander in Einklang zu bringen, war die Herausforderung, von der ich gerne erzählen möchte.

Seit Dezember hatte sich nämlich abgezeichnet, dass der Abschied von meinem Vater immer näher rückte, mit all dem zeitlichen und emotionalen Engagement, das damit verbunden war. Gleichzeitig rückten wichtige Kundenprojekte immer näher, so vor allem die wissenschaftliche Evaluation von vier meiner Seminare.

Der Berater und Trainer in mir wollte letzteres auf jeden Fall durchziehen – zu viel hing von diesen zwölf Trainingstagen ab, für den Kunden, die Diplomandin und mich selbst. Der Sohn in mir wollte gleichzeitig diese letzten Tage und Wochen so gestalten, dass ich später einmal mit gutem Gefühl auf diese Zeit zurückblicken könnte – und das hieß: Da sein, vor Ort. Zuhause bei den Eltern.

So absurd es sich anhören mag: Was mich als Erstes stresste, war die Tatsache, dass ich nichts planen konnte. Nicht im Griff zu haben, wann der Abschied geschehen würde. Kein „Zeitfenster“ dafür im Kalender einplanen zu können. Dem Leben und seinem Tempo ausgeliefert zu sein.

Dann beschäftigte mich vor allem die Frage: Sage ich die Kundentermine nicht doch ab? Macht man das, Seminar halten, wenn zuhause der Vater am Gehen ist? Noch wichtiger: Wollte ich das überhaupt? Nach einigen Wochen stellte sich zum Glück ein stimmiges Bauchgefühl ein und ich konnte eine Entscheidung treffen: Ja, ich ziehe es durch. Ich halte die Seminare, auch wenn ich dadurch in seinen letzten Stunden möglicherweise nicht dabei sein würde.

Mit dieser Entscheidung war dann allerdings sofort die nächste Frage zu klären: Wann und wie will ich erfahren, dass mein Vater verstorben ist, während ich gleichzeitig eine Seminargruppe mit voller Power in ihrem Lernen begleiten will und muss? Die für mich stimmige Lösung lautete hier: Ich will nicht von meiner Mutter, sondern von meiner Frau angerufen werden. Und zwar ausschließlich zwischen Seminarschluss am Abend und bis maximal 20:30 Uhr.

Ich wollte auf diese Weise Zeit für mich alleine haben und die Möglichkeit, es „sacken“ zu lassen, um dann am nächsten Tag entweder wieder zu funktionieren (ohne der Gruppe etwas zu erzählen), oder aber das Seminar abzubrechen, wenn ich merkte, dass es einfach nicht gehen und deshalb auch keinen Sinn mehr machen würde.

Dass mein Vater dann am 2. März für immer von uns ging, war und ist natürlich sehr, sehr schmerzlich. Aber das größte Geschenk war, dass ich in diesem letzten Augenblick schließlich doch dabei sein konnte. Drei Stunden lang konnte ich an seinem Totenbett sitzen. Eine äußerst wichtige Erfahrung für mich, die ich nicht missen wollte.

Tja … und direkt danach wurde ich wieder zum Funktionsträger, zum Trainer, packte meine Unterlagen zusammen, ging kurz ins Büro und von dort gleich weiter zum Flieger: Fünf Tage Training standen auf dem Programm. Sie liefen großartig.

Ich vermute, auch Sie haben schon einmal den „privaten Menschen“ und den „Funktionsträger“ in sich in Einklang bringen müssen. Wie sah Ihre Lösung aus? Hat sie sich im Rückblick bewährt oder wie würden Sie es in Zukunft machen wollen?

INTERESSE
AN EINEM
EINZEL
COACHING

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