Schäm Dich!

„Schämen Sie sich!“ schrieb eine prominente Stimme hier auf LinkedIn an einen Kommentator. Dieser hatte Israels Angriff im Gaza in direkte Verbindung mit Hitlers millionenfachen Morden von Juden gebracht. 

Was soll das? 

Was bringt es, einen Menschen aufzufordern, sich zu schämen?

Zum einen ist ein solcher Satz immer von oben nach unten gerichtet. Kinder mögen sich davon noch beeindrucken lassen. Ein Erwachsener dagegen reagiert auf solche Aufforderungen durch Abwehr. „So etwas lasse ich mir nicht bieten!“

Wenn wir Menschen uns „aus uns selbst heraus“ schämen, dann nur, weil wir eine Erkenntnis hatten. Weil wir etwas Neues gelernt haben und in dessen Licht das alte Verhalten (hier: die Relativierung des Holocaust) neu bewerten. 

Aber wer ist denn bereit, neu zu denken, wenn ihm erklärt wird, er solle sich schämen?

Das ist im Kern dasselbe, wie wenn in einem Unternehmen der autoritäre und alles besser wissende Chef seine Leute in den Senkel stellt. Der Punktsieg im Meeting mag ihm sicher sein. Aber emotional verletzte Mitarbeiter gehen zum einen schutzsuchend auf Distanz, nicht nur zum Chef selbst, sondern auch zum Unternehmen insgesamt. Und der Erkenntnisgewinn, um in der Sache beim nächsten Mal etwas anders zu machen, liegt bei Null.

Empörte Reaktionen mögen menschlich verständlich sein. 

Konstruktiv wirksam sind sie nicht.

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